Thank you for coming: Tori Amos verzauberte gestern das Wiener Radiokulturhaus.
Ich dachte, sie kommt durch die Tür, links von der Bühne, vom Publikum aus betrachtet. Dort, wo eigentlich alle Radio Session-Spieler und Spielerinnen bisher rauskamen, um die Bühne zu betreten. Tori Amos kommt durch den Vorhang.
In minimalistischem Schwarz, durch den schwarzen Bühnen-Vorhang. Kurzer Knicks und Platz genommen am Flügel, der mit der Wiener Herkunft, von dem Tori seit Jahren schwärmt. "Maybe California", ein Stück vom neuen Album - "Abnormally Attracted To Sin" - ist der Opener, denn um dieses ein wenig vorzustellen ist La Amos schließlich auch hier. Next up aber sofort ein Song aus dem Debüt-Album von Tori Amos - "Little Eartquakes", 1992: "Love isn't forever, and it's not the weather, so hand me my leather", singt Tori Amos ("Leather"), und für diejenigen unter uns, für die dieses Album damals eine Pop-Offenbarung war, werden Erinnerungen wach.
Das flammende Locken-Haar der Tori Amos ist 17 Jahre später in dunklerem Rot gehalten und wie mit dem Glätteisen in die Länge gezogen. Just look at those shoes: Feine Ware mit Stiletto-Heels. No more barfüßiges Mädchen im Jeans-Outfit. Nun ja, wer Tori Amos und ihr Schaffen seit "Little Earthquakes" weiterverfolgt hat, ist ja durchaus ein bißchen etwas gewöhnt: Aufgeplusterte Hähne in ihren Händen oder am Busen nuckelnde Ferkel, Konzept-Alben über griechische Göttinnen und der eine oder andere gute Remix. Über die Jahre hinweg konnte sich Tori Amos ohne viel Getöse einen gewissen Star-Status bewahren, und warum eine Musikerin wie sie einen Ort wie den Großen Sendesaal gerne mag, liegt eigentlich auf der Hand: U meets E. Musik, mein' ich.
Curtain Call
Dritter Song: "Curtain Call", wieder ein neues Stück. Es passt gut nach "Leather". Die Stimme ist tiefer als vor 17 Jahren. Das kommt mit dem Alter. Und damit, behaupten manche, soll auch eine Liebe zum Jazz kommen. Tori is a jazz singer now, sort of. Auf dem Stück "That Guy" vom neuen Album hört man das ziemlich gut, aber Tori spielt es nicht. Schade. Tori Amos singt erst mal Tori Amos: "Cloud On My Tongue", vom Album "Under The Pink", 1995: "Someone's knocking on the kitchen door" und "I'll be wearing a new tattoo" heißt es da. Der Song hat sich gut gehalten, das mit dem neuen Tattoo ist aber hinfällig. Älter werden in Würde.
Tori Amos wirft den Nacken nimmer so waghalsig zurück wie früher, und das bringt dann auch gleich post-konzertalische Publikumskritik: Ein klein wenig zu zurückhaltend sei der Auftritt gewesen, hör' ich ein Murmeln. Nun ja, wir sind ja schließlich im Großen Sendesaal, könnte man einfach drauf antworten, oder dass eben ganze 17 Jahre vergangen sind, seit Tori Amos das Klavier als vollwertiges Musikinstrument zum Rock'n'Rollen neu ernannt hat.
A Little Story, A True Story
Tori spricht, erstmals seit sie am Flügel Platz genommen hat. Es geht um einen weiteren neuen Song: "Mary Jane", und Mary Jane ist nicht etwa ein Mädchen, das ein junger Mann zu sich einladen möchte und seine Mum quasi um Erlaubnis fragt. Braucht die Popmusik einen weiteren Song, in dem es um Rauschmittel geht? Das fragt sich zumindest das britische (Altherren-)Musikmagazin Mojo. Warum nicht? Aber mit "Mary Jane" fällt hier in concert die Wahl noch immer nicht auf einen der Standout-Songs vom neuen Album. Darauf könnten wir uns einigen. Klingt Broadway-ig, irgendwie. Tori is a jazz singer now. Aber eh nicht erst neuerdings. Wieder ein neuer Song: "Lady In Blue": "Can I join you?, said the Lady in Blue". Burt Bacharach lässt grüßen. So schön so gut. Das nächste Lied aber lässt mein Fan-Herz hüpfen: "Jackie's Strength" aus dem 98er Album "From The Choirgirl Hotel". Ach, diese Zeile: "Stickers licked on lunch boxes, worshipping David Cassidy". Das einstige US-Teen-Idol David Cassidy (The Partridge Familiy) verpackt in diese dunkle Fan-Erzählung:
You're only popular with anorexia, so I turn myself inside out in hope someone will see.
Aber, remember, Tori is a jazz singer now: Der Zauberer von Oz und Judy Garland winken. Kindheitserinnerungen von Tori Amos: "Sometimes I would sing for my mum", sagt sie, "when there was no-one else around. She had big dreams but gave them up to be a minister's wife.... and sometimes I would play this for my mum:" "(Somewhere) Over The Rainbow". Die schier unerschöpfliche Inspirationsquelle der Pfarrersfamilie aus North Carolina, oder einfach eine Kindheitserinnerung. Eine Cover-Version, die Tori Amos gern live singt und von der es keine Studio-Version von ihr gibt. Powerful. Und geht fast komplett über in "Silent All These Years", den 92er-Klassiker von "Little Earthquakes":
Excuse me but can I be you for a while? My dog won't bite if you sit real still. I got the anti-Christ in the kitchen yelling at me again... but what if I am a mermaid?
What if Tori is a mermaid? Ich weiß es auch nicht. Vielleicht sind mir die neuen Stücke noch nicht vertraut genug, die alten jedenfalls made my day, oder besser: evening. Mit soviel Zeit, die zwischen jetzt und etwa "Silent All These Years" liegt, ist das schon ein Interpretieren ihrer eigenen Songs, und nur große Songs lassen sich wirklich gut interpretieren. Vielleicht ist da auch ein wenig meine eigene Wehmut im Spiel, ob des unaufhörlichen Voranschreitens der Zeit und so. Hat sie oder hat sie nicht? Ein wenig nip and tuck gemacht? So raunt es jedenfalls nach dem Konzert. Who cares? So what!
Been saved again by the garbage truck. I got something to say, you know.
Vom neuen Album hätte ich gern "Ophelia" gehört, ein Stück, das sich nahtlos eingefügt hätte. Aber man kann ja bekanntlich nicht alles haben. Applaus, und Tori schlägt die Beine übereinander. Just look at those shoes! Die Tourankündigung für den Herbst folgt, und von der Musik als "sonic mescalin" ist die Rede, und what Tasha might say. Was sagt Töchterchen Tasha?
Thank you for coming, jedenfalls, sagt Tori, und ein Tausend Tränen tiefer Schlusssong folgt: "1000 Oceans". Und so, wie sie gekommen ist, ist sie auch schon wieder fort. Da hilft alles Applaudieren nichts.
Fonte: Undented.com e FM4 ORF.at
Em breve, a tradução completa da entrevista.
Um comentário:
que fotos bonitas :D
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